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Kölner Stadt-Anzeiger vom 1. April 1981, Autor: Wittwer

Auto raste in eine Kindergruppe

Das Unglück geschah, als achtzehn Schüler nach dem Schulgottesdienst in Rheinkassel auf den Omnibus warteten

In vielen Familien im Kölner Norden herrschen Trauer und Bestürzung. Bei einem Verkehrsunfall in Rheinkassel wurde ein zehn Jahre altes Mädchen getötet. Vier gleichaltrige Jungen wurden verletzt, Zwei von ihnen so schwer, dass sie sich in Lebensgefahr befinden. Nach dem Zusammenprall mit einem anderen Auto war ein Wagen in eine Gruppe von 18 Schulkindern gefahren, die an einer Haltestelle auf den Bus warteten, der sie nach Merkenich zur Schule bringen sollte. Beide Fahrer blieben unverletzt.

Für die Jungen und Mädchen der vierten Klasse der Hauptschule Merkenich endet der Schulgottesdienst in der Rheinkasseler Kirche. Sie versammeln sich an der Bushaltestelle auf der Alten Römerstraße in Höhe des Feldkasseler Weges. Ein PKW nimmt drei Mädchen auf und fährt nach Merkenich.

Einige Augenblicke später, so die Polizei, beabsichtigt die 35-jährige Hausfrau Rita Z. mit ihrem Kadett vom Feldkasseler Weg auf die Alte Römerstraße einzubiegen. In diesem Moment nähert sich der 48-jährige Klärmeister Manfred W. mit seinem Volvo in Richtung Worringen. Auf der Kreuzung kollidieren beide Fahrzeuge. Der Kadett wird herumgerissen und bleibt neben der Fahrbahn stehen. Der schwere Volvo schleudert jedoch auf die gegenüberliegende Seite, durch die wartende Gruppe von Kindern hindurch und kehrt schließlich zur Fahrbahn zurück. Erst 75 Meter hinter der eigentlichen Unfallstelle gelingt es Manfred W., der rechts eine Handprothese trägt, sein Fahrzeug zum Stehen zu bringen. Später werden keinerlei Bremsspuren gefunden.

Auf der Straße liegen in beträchtlichem Abstand fünf Kinder. Gaby N. verstirbt noch an der Unfallstelle. Theo Di., Christian De., Thorsten S. und Wolfgang Sch. erleiden Knochenbrüche, einige von ihnen haben auch innere Verletzungen. Noch am selben Tag werden die verletzten Kinder in drei verschiedenen Krankenhäusern operiert. Christian S., der Großvater des kleinen Thorsten, war einer der Ersten an der Unfallstelle und beschreibt die Szenerie als genauso entsetzlich wie das bombardierte Köln.

Otto N., der Vater von Gaby, hatte in der vergangenen Nacht Spätschicht bei Ford und kaum geschlafen. Jemand hatte ihm am Morgen mitgeteilt: "Da ist etwas mit dem Bus". Es dauerte eine Weile, bis er realisierte, dass seine jüngste Tochter bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Die Friedhofsmauer, so weiß er nun, hat der Fahrerin des Kadetts die Sicht auf die Alte Römerstraße versperrt – dann geschah der Unfall. "Die Friedhofsmauer müsste weg", sagt er, "aber dann steht da der Denkmalschutz dazwischen." Er weint, als er die Wohnungstür hinter sich schließt.

Auch Margarethe Sch. steht noch unter dem Schock, als ihr 14-jähriger Sohn Reinhart nach Hause kommt. "Der Wolfgang ist verunglückt", erzählt sie ihm aufgeregt, "genau wie du damals." Vor acht Jahren war Reinhard unweit der Unfallstelle von einem Auto angefahren worden. "Nur ein gebrochenes Bein", wiederholt Margarethe Sch. immer wieder, und: "Wie schrecklich für die Eltern des Mädchens." Dann erinnert sie sich, dass aus derselben Klasse die kleine Andrea L. stammte, die vor zwei Jahren am Ortseingang von einem Auto überfahren wurde.

Alle, die sich auf die Straße wagen und über das Unglück sprechen, können von Unfällen berichten. "Ich bin kein Kirchgänger", sagt Waltraud Dick, "aber ich bete jeden Morgen für die Kinder, dass ihnen ein Schutzengel zur Seite steht." Ihr Sohn Gerd stand ebenfalls in der Gruppe der Viertklässler. "Der Wagen ist so knapp an mir vorbeigekommen", sagt Gerd und zeigt einen Abstand von höchstens zwanzig Zentimetern.

Die gefährlichen Schulwege beklagt auch Elisabeth Ballmann. Ihr Sohn Gregor stand genau gegenüber der Haltestelle, als sich der Unfall ereignete. "Die Kinder der ersten bis dritten Klasse gehen nach Rheinkassel, die der vierten nach Merkenich, und für weiterführende Schulen müssen sie sogar noch weiter weg." In der vergangenen Woche wurde auf einer Bürgerveranstaltung vergeblich dafür gekämpft, auch die vierte Klasse in Rheinkassel zu behalten.

Nach dem tödlichen Unfall von Andrea vor zwei Jahren wurden auf der Fahrbahn große Markierungen mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von "50 Stundenkilometern" angebracht. Die betroffenen Bürger fragen sich nun, welche Maßnahmen ergriffen werden. Eine Ampel für Fußgänger hinter der gefährlichen Kreuzung könnte fälschlicherweise freie Fahrt signalisieren. Eine Untersuchung durch Sachverständige soll nun klären, inwieweit überhöhte Geschwindigkeit zum Unfall beigetragen hat. Doch allein die unübersichtliche Kreuzung birgt Gefahren. Monika Heinen, die direkt an der Kreuzung wohnt, erinnert sich daran, dass es in den letzten neun Jahren zehn Unfälle mit Verletzten gegeben hat. "Ich habe immer einen Erste-Hilfe-Koffer bereitstehen", sagt sie.

Artikel des Kölner Express
Artikel der Neuen Revue
Artikel der Kölner BILD