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Rheinische Volkswacht vom 5. Januar 1926

Hochwassernot

Zur Lage in Casselberg schreibt man uns

Von allen Dörfern in der Nähe Kölns ist durch die Hochwasserkatastrophe wohl keines so rasch in eine Insel verwandelt worden und keines hatte wohl so stark unter ihr zu leiden, wie Casselberg.
Schon am 29. Dezember war das Dorf von jeglichem Verkehr abgeschnitten. Nur die Verbindung mit Rheincassel wurde durch einen Kahn aufrechterhalten.
Immer näher rückten die gelben Fluten heran, bis sie am 30. Dezember schon so hochgestiegen waren, dass die Einwohner in das erste Stockwerk flüchteten, teilweise sogar ihre Wohnung verlassen mussten.
Höher und höher stieg die Flut!
Die Nächte zum 30. und 31. Dezember sowie die Neujahrsnacht werden den Einwohnern unvergesslich sein. Meterhoch umklatschten die rauschenden Wogen die Häuser, und der Sturm sang dazu eine fürchterliche Melodie. Bei jedem Wellenschlag fürchtete man das Haus würde einstürzen, bei jedem Windstoß das Dach hochgehen. Und dazu der unheimliche Lärm im geräumten Unterhause, wo starke Wellenschläge die Haustüren eingedrückt hatten und die Wogen mit hochgestellten Gegenständen, die man beim Räumen vielleicht zurücklassen musste oder vor dem Wasser sicher glaubte, ihr Spiel trieben. Sie hin und her warfen gegen Wände und Fensterscheiben.
Das waren grauenvolle Nächte. Und tagsüber stand jung und alt am Ufer, um den Wellengang des wilden Stromes zu betrachten. Da stand auch mancher, Wehmut im Herzen und musste zusehen, wie vieles, das er durch Fleiß sich erworben und das ihm lieb gewonnen, von den reißenden Fluten hinweggerissen wurde, unwiederbringlich verloren.

https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/461855?query=%22rheincassel%22