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Kölner Stadt-Anzeiger vom 29. April 2021, Autor/Bild: Dröge

Die Strecke rechnet sich durchaus

Bezirksbürgermeister ist für eine Verlängerung der Linie 12

Schon seit Jahrzehnten besteht in den Stadtteilen nördlich der Leverkusener Brücke der Wunsch, die Trasse der Stadtbahnlinie 12 von ihrer jetzigen Endstation in Merkenich zu verlängern, um auch die Rheindörfer wie Rheinkassel und Langel an das Straßenbahnnetz anzuschließen.
Ebenso lang sträuben sich die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) jedoch schon gegen dieses Anliegen, da das Fahrgastpotenzial einer solchen Verbindung aus ihrer Sicht schon immer zu niedrig war. Auch neuere Erkenntnisse, die noch vor dem durch die Pandemie bedingten Rückgang der Fahrgastzahlen gewonnen wurden, hätten die bisherige Einschätzung wieder bestätigt, so die KVB in einer aktuellen Stellungnahme. Daher gebe es auch aktuell weiterhin keine Überlegungen, die Linie 12 zu verlängern.
Reinhard Zöllner, Bürgermeister des Bezirks Chorweiler, sieht dennoch keinen Grund, das Anliegen zu den Akten zu legen, denn nach wie vor wird der mögliche Verlauf der Gleistrasse parallel zur Alten Römerstraße von Bebauung frei gehalten. „Hier und da ragt ein Gebäude hinein, um das man eventuell einen Bogen machen müsste, aber prinzipiell ist der Bau problemlos möglich“, meint Zöllner. Daher möchte er die Debatte mit einem neuen Vorschlag beleben: Bei einer Verlängerung der Gleistrasse entlang der freigehaltenen Route bis zum Mennweg in Rheinkassel regt er zwei Abzweigungen in das benachbarte Gewerbegebiet Feldkassel an – eine im Bereich der Marconistraße, die zweite am Mohlenweg. Die dort angesiedelten Betriebe könnten die Gleise dann für den Gütertransport nutzen.
„Wir haben dort Unternehmen wie Amazon, Rewe, oder auch Transgourmet sitzen – alles Betriebe mit einer intensiven Logistik, die den Gütertransport zurzeit vorrangig per Lkw erledigen. Könnten diese jedoch ihre Waren über die Schiene transportieren, würde ihnen das den Transport erleichtern und das Lkw-Aufkommen auf den Straßen im Kölner Norden würde sich deutlich verringern“, argumentiert Zöllner. Auch eine Haltestelle könnte dann direkt im Gewerbegebiet eingerichtet werden, was den dort Beschäftigten den Weg zu ihren Arbeitsplätzen deutlich erleichtern würde. „Gäbe es diese Gleise bereits, hätte etwa auch die Baustelle der Leverkusener Brücke darüber beliefert werden können. Man muss diese ganzen einzelnen Vorteile, die man hätte, einmal zusammen sehen, dann rechnet sich die Strecke auch.“
Die KVB reagierten vorsichtig auf Zöllners Vorstoß und verwiesen etwa auf die Buslinie 124 zwischen dem Breslauer Platz im Zentrum und Feldkassel, die eigens für den Berufsverkehr eingerichtet worden sei. Ein gemischter Betrieb von Personen- und Güterverkehr fände heute ausschließlich auf den Gleisen der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) statt. Bevor weitergehende Überlegungen in diese Richtung angestrebt würden, müsse zunächst geprüft werden, ob bei den ansässigen Betrieben ausreichend Bedarf an Güterverkehr bestehe, bevor die Strecke gegebenenfalls durch die HGK realisiert und bewirtschaftet werden könne.
Ohne Beispiel ist Zöllners Vorschlag jedenfalls nicht – die Gleise von Straßenbahnen auch für den Gütertransport zu nutzen, war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchaus üblich. Erst in der Nachkriegszeit kam diese Doppelnutzung durch das Aufkommen von Lkw zum Erliegen. Doch auch in jüngerer Vergangenheit lassen sich Beispiele finden: In Dresden etwa verkehrte zwischen 2001 und 2020 die „Cargotram“, die Güter von einem Güterbahnhof zur Gläsernen Manufaktur von VW transportierte. In Zürich ist eine „Cargotram“, die zum Einsammeln von Sperrmüll genutzt wird, bis heute in Gebrauch.