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Kölner Stadt-Anzeiger vom 28. Januar 2014, Autor: Haaser

Seltene Vögel sind in Gefahr

Naturschutzgebiete am Rhein

Seit zehn Jahren werden die Naturschutzgebiete zwischen Merkenich und Worringen so gepflegt, dass sie für seltene Vogelarten wieder zu einer dauerhaften Heimat werden können - wären da nicht Hundebesitzer, Radfahrer und Angler.

Goldammer, Feldsperling, Kleinspecht, Pirol und Nachtigall – zahlreiche seltene und vom Aussterben bedrohte Vögel brüten und rasten in den Naturschutzgebieten am Rhein. Dort aber seien sie gefährdet, warnt der Naturschutzbund. Denn die weitläufigen Wiesen und Wanderwege zwischen Merkenich und Worringen werden auch von Hundebesitzern, Reitern, Anglern und Campern genutzt. Nicht selten grillen gar größere Gruppen am Ufer, obwohl eigentlich schon das Betreten der Uferbereiche in einem Naturschutzgebiet verboten ist.

„Mein Hund jagt keine Vögel. Und ich habe Plastiktüten für den Kot dabei“, sagt eine Frau, die ihren Chow-Chow auf der Wiese zwischen der Ortschaft Langel und dem Rhein „so richtig auspowern“ will. Doch eigentlich darf sie ihren Vierbeiner in der Nähe des Ufers gar nicht von der Leine lassen. Joachim Bauer, Leiter des Grünflächenamtes, spricht vom „klassischen Konflikt“ um Naturschutzgebiete in der Stadt mit „hohem Freizeitwert“.

Seit zehn Jahren werden die Naturschutzgebiete im Norden so gepflegt, dass sie für die seltenen Vogelarten wieder zu einer dauerhaften Heimat werden. Bauer nennt den Ersatz vieler Pappeln durch niedrigere Bäume und Sträucher in Ufernähe als Beispiele.

„Wir schauen seit einigen Jahren systematisch, ob das was gebracht hat“, sagt er. Mitarbeiter des Naturschutzbundes (Nabu) haben die Entwicklung der Vögel beobachtet und im Auftrag der Stadt dokumentiert. Ihr Zwischenbericht lag nun den politischen Gremien vor. „Die Vögel sind ein wichtiger Indikator für den Zustand der Gebiete“, sagt Bauer. „Bei manchen hatten wir Erfolg, andere Arten sind nicht gekommen.“ Die Empfehlungen, die die Umweltschützer zum Schutz der Vögel vorschlagen, stießen jedoch auf geteiltes Echo.

CDU-Vertreter Jürgen Stuhlweißenburg hielt es für „unrealistisch“, das Radfahren und Reiten in den Rheinauen zu verbieten. Einen Bolzplatz aufzugeben und einen Campingplatz zu verlegen, kommt für ihn ebenso wenig in Frage. Der Nabu schlägt vor, dass der Campingplatz auf die andere Seite des Kasselberger Weges umzieht, sich damit weiter vom Rheinufer entfernt.

„Der Campingplatz zerschneidet das Gebiet“, sagt auch Amtsleiter Bauer, der aber betont, dass der derzeitige Betreiber – die Familie Bast führt den Platz seit mehr als 50 Jahren – keinen Umzug zu befürchten habe.

Die Naturschützer wünschen sich, dass die Kölner ihre einzigartigen Landschaften stärker wertschätzen lernen. Etwa die Hälfte aller Kölner Pirole lebe in der Uferzone zwischen Merkenich und Worringen, sagt Walter Halfenberg von der Naturschutzstation Leverkusen-Köln. Er hat den Bericht verfasst und in den vergangenen drei Jahren gezielt nach den seltenen Vögeln gesucht. „In den Auenwäldern stehen die Bäume locker zusammen. Das mag der Pirol“, so Halfenberg. Die Wiesen zwischen den Auenwälder diene auch dem Wiesenpieper als Brutstätte. „Der hat sonst keinen geschützten Ort in der Stadt. Die geeigneten Gebiete werden durch den massiven Flächenverbrauch immer weniger“, so Halfenberg.

Schilder an den Zugängen zu den Naturschutzgebieten können sich die Bezirksvertreter hingegen gut vorstellen, ebenso häufigere Kontrollen der Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner auf den Wegen durch die Auen anleinen müssen. Viele wissen offenbar nicht, dass ihre Tiere – so gut sie auch auf Kommandos hören – allein durch ihre Anwesenheit auf den Wiesen verhindern, dass sich die Vögel dort niederlassen. „Auch wenn die Hundebesitzer das vielleicht nicht sehen – ihre Hunde können jederzeit in ein Nest auf der Wiese treten oder beißen auch mal in die Eier“, erläutert Halfenberg. Auch die Zugvögel, die sich auf den Wiesen ausruhen, werden durch die Vierbeiner abgeschreckt.

Die Frau, die ihren Hund nun „ausgepowert“ hat, steht im Herbst oft am Ufer und schaut den Wildgänsen zu, die auf ihrem Weg in den Süden Pause machen. „Das ist total faszinierend“, sagt sie. „Ich will natürlich auch nicht, dass mein Hund die Tiere stört.“ Sie klagt jedoch über fehlende Alternativen. In den Rheindörfern gebe es schlicht zu wenige ausgewiesene Flächen für Hunde.