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Kölner Stadt-Anzeiger vom 18. November 1999, Autor: Andreas Poulakos

Durch die Rheindörfer

Je größer der Misthaufen, desto reicher der Bauer

Rudolf Klever erzählte Anektoten aus früheren Tagen

Rudolf Clever weiß Erstaunliches zu berichten: "Viele Merkenicher haben alte römische Vasen zu Hause im Regal stehen, um damit zu strunzen." Entlang alter römischer Heerstraßen, wie der Neusser Landstraße und der Merkenicher Hauptstraße, fanden die Ortsansässigen immer wieder Relikte aus dieser Zeit, so Clever. "Wir wollen die Leute jetzt überreden, ihre Funde für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Sie können sie ja auch behalten, so lange sie den zuständigen Stellen gemeldet werden."
Anekdoten wie diese, und Informationen zur Geschichte der Rheindörfer wurden den zwölf Teilnehmern des heimatkundlichen Spaziergangs von Merkenich nach Langel vermittelt. Clever, pensionierter Rektor der Grundschule Spoerkelhof, leitete die Veranstaltung der Volkshochschule.
Eine der ersten Stationen des Spaziergangs war die Pfarrkirche St. Brictius. Von dem im romanischen Stil erbauten Gotteshaus ist heute nur noch der Kirchturm ("Campanile") erhalten, die Messe findet in einem modernen Anbau statt. "Man sagt; dass die Kirche auf den Fundamenten eines römischen Wachturms entstanden ist." Weiter ging es zum Rheindamm: Errichtet wurde dieser 1935 im Rahmen des "Reichsarbeitsdienst". "Nur mit Schaufel und Schubkarre haben die Dienstpflichtigen damals die Erde aufgeschüttet, ohne den Einsatz schwerer Maschinen."
Am Rheinufer erinnerte sich Clever an seine Jugend: "Wiesdorf auf der gegenüberliegenden Rheinseite war für Merkenich damals wichtiger als Worringen oder Niehl." Es habe eine Fährverbindung gegeben, und viele Merkenicher hätten Frauen von der anderen Rheinseite geheiratet. Auch heute noch seien die Vereinskontakte nach "drüben" sehr ausgeprägt. Clever wies auch auf die Pfade entlang des Ufers hin. Die sogenannten "Leinpfade" spielten im Mittelalter eine wichtige Rolle für die Beförderung von Gütern: Pferde zogen die Schiffe an Leinen rheinaufwärts.
Auf dem Weg nach Kasselberg erzählte Clever, wie nach seiner Ansicht Worringen zu Adenauers Bürgermeister-Zeit eingemeindet wurde: "Adenauer hat den Bürgermeister von Worringen über den Tisch gezogen. Er hat ihm für die Eingemeindung den Anschluss an das Straßenbahnnetz versprochen. Bis heute fährt da noch keine hin!"
Am Rande des LangeIer Damm´s machte Clever die Teilnehmer auf kleine Ansammlungen von Pappeln aufmerksam. "Das sind "Hochzeitswäldchen". Nach der Geburt einer Tochter haben die Bauern die Pappeln gepflanzt, und zur Hochzeit wurde das Holz für die Mitgift geschlagen." Als Beispiel für einen traditionellen Bauernhof wurde beim Spaziergang schließlich der Mohrenhof in Langel vorgeführt, der aber nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird. Im Innenhof zeigt der Führer auf eine asphaltierte Fläche: "Da war früher der Misthaufen. Je größer der Misthaufen, desto angesehener und wohlhabender war der Bauer."
Manfred Piel, Fachbereichsleiter für Geschichte bei der Volkshochschule, plant im kommenden Jahr noch mehrere heimatkundliche Spaziergänge, verteilt über die ganze Stadt. Informationen hierzu gibt es unter der Rufnummer 5488383.