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Kölner Stadt-Anzeiger vom 16. Mai 2004, Autor + Foto: Oliver Görtz

Auf die nächste Flut gut vorbereitet

Bundeswehr-Reservisten lernen, wie ein Schutzwall gebaut und geschützt wird

Spaziergänger schlendern gemütlich mit einem Eis in der Hand über den Weg auf dem Langeler Deich. Die Sonne scheint und der Kölner Rheinpegel liegt bei knapp vier Metern, Tendenz langsam fallend. Dennoch haben rund 80 Männer in Bundeswehr-Uniformen eine Kette gebildet, reichen sich unaufhörlich Sandsäcke an und stapeln sie zügig auf einer Stelle des Damms. 15 Experten vom Technischen Hilfswerk (THW) stehen daneben und geben fachkundige Anweisungen, wie man die Säcke zu einem funktionierenden Schutzwall schichtet.

Einige Soldaten am Rand der schuftenden Truppe sprechen in ihre Mobiltelefone, während ein weiterer blauer THW-Laster mit noch mehr Sandsäcken anfährt. Bei den Flaneuren mag dieser Anblick böse Erinnerungen wecken, aber keine Sorge: "Ist ja nur eine Übung", sagt Heiner Lingener, Pressebeauftragter vom "Verband der Reservisten der deutschen Bundeswehr" (VdRBw). Vor allem Reservisten, die sich freiwillig dem Verband angeschlossen haben, sind hier also am Werke. Das THW schult die Reservisten im "praktischen Hochwasserschutz".

"Bei unserem Szenario haben wir ein Hochwasser von bereits 9,50 Meter", erklärt der Sprecher des THW-Ortsverbands Köln Nord-West, Michael Kretz. An drei Stationen werden bestimmte Gefahrensituationen am Damm durchgespielt. Eine Beschädigung des Walls, etwa durch ein Auto, ist da noch vergleichbar harmlos. Aufregender wird es an den Stellen, an denen simuliert wird, dass durch ein Loch bereits Wasser sprudelt. Gar dramatisch ist der Zustand an Station drei, wo sich, so die Übungssituation, der komplette Damm bewegt und kurz vor dem Durchbruch steht. "Da kann man das Wasser nur noch kontrolliert abfließen lassen", erklärt Kretz.

Noch während die Reservisten fast aller Dienstgrade - Mitte 20 bis Mitte 60 Jahre alt - lernen, wie Sandsäcke richtig gestapelt werden (seitlich versetzt, Öffnung nie zum Wasser, nach unten breiter werdend), zieht Offizier Folkert Rathenow Bilanz: "Hervorragend gearbeitet, wir haben es in anderthalb, statt in drei Stunden geschafft", sagt der Soldat, der die Ausbildung mit dem THW vorbereitet hat. "Aber die Männer sind auch ausgeschlafen und konzentriert", schränkt Rathenow etwas ein. Bei einem tatsächlichen Hochwasser-Einsatz könne das schon mal anders sein.

Dass im neu formulierten Aufgabenfeld der Bundeswehr auch Einsätze im Katastrophenschutz vorgesehen sind, darüber ist auch Reinhard Vogt, Leiter der Kölner Hochwasserschutzzentrale, erleichtert. "Ohne die Bundeswehr können wir kein höheres Hochwasser bewältigen", so Vogt, der sich unter die schwitzenden Uniformträger gemischt hat und auch einen Sandsack hebt. "Die Zusammenarbeit von THW, Bundeswehr und uns ist sehr wichtig." Dies bezieht Vogt nicht zuletzt auf die im Sommer anstehenden Arbeiten im Rahmen des Hochwasserschutzkonzepts. "Sollten wir mit den Deichsanierungen langsamer sein als das nächste Hochwasser" sagt der Leiter, "dann sind wir wenigstens gut gerüstet."