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Kölner Stadt-Anzeiger vom 11. Januar 2011, Autor: Buchheister / Bilder: Worring

Wenn ein Dorf zur Insel wird

Kasselberg vom Hochwasser eingeschlossen

Land unter in Kasselberg: Das Hochwasser macht seit Sonntag aus dem kleinen Ortteil im Kölner Norden eine Insel. Jedes Haus hat einen eigenen Steg. Der Rhein schließt den Ort ab einem Pegelstand von 8,40 Metern ein.
Dienstags gibt es Reibekuchen in der Kasselberger Dorfgaststätte „Zum Gretchen“. So steht es an der blauen Tafel geschrieben, die neben der Tür hängt, doch diese Woche sieht es schlecht aus für den Reibekuchen-Tag. Kasselberg ist ein Ort im Kölner Norden, der aus nur einer Straße besteht. Keine 100 Menschen wohnen hier, rechts stehen die Häuser, und 50 Meter weiter links fließt der Rhein. Normalerweise. Seit Sonntagabend ist Kasselberg aber eine Insel, denn der Fluss hat die Straße bedeckt und die Felder auf der anderen Seite der Häuser. Wenn Hochwasser ist, trifft es Kasselberg als einen der ersten Orte in Köln. Ein Wasserstand von 8,40 Metern reicht, um das Dorf einzuschließen.

Wer so nah am Wasser gebaut hat, muss sich mit der Natur arrangieren. Mauern halten den Rhein vor den Häusern ab, die Eingänge sind mit Sandsäcken blockiert. Die Stadt hat Eisenstege errichten lassen, so kommen die Menschen aus ihren Häusern. Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft ist am Montag mit einem Unimog da, um die Kasselberger aus ihrem Inseldorf und wieder zurück zu bringen. Einen halben Meter hoch bedeckt das Wasser die Straße. Der Alltag steht still, weil die Menschen nicht zu ihren Nachbarn können und die Reibekuchen-Kneipe erstmal geschlossen bleibt.

Stefan Ostermann und sein Kollege verbinden Kasselberg mit der Außenwelt, sie fahren den Unimog. In der Nacht sollen Boote kommen. „Ich dachte, wir machen uns einen ruhigen Tag im Bauwagen“, sagt Ostermann, „aber wir kommen kaum dazu, Pause zu machen.“ Der Bauwagen steht auf einem Hügel vor dem Dorf, wo der Unimog die Leute abholt, und er ist beheizt, aber Ostermann findet keine Ruhe. 40, 50 Leute hätten sie bis zum frühen Nachmittag schon gefahren, sagt sein Kollege.

Bahare Janghorban wartet neben dem Bauwagen, schaut auf das Wasser, von hinten scheint die Sonne, und sie könnte die Szenerie idyllisch finden, wenn nicht irgendwo da unten ihr Haus wäre. Morgens sei ihr Keller noch trocken gewesen, sagt sie, immerhin. Sie wohnt erst seit September in Kasselberg, es ist ihr erstes Hochwasser. Sie kenne die Geschichten von Menschen, die mit Booten aus dem Dorf gebracht würden, sagt sie. Aber jetzt ist das keine Geschichte, jetzt ist die Insel ihr Zuhause. Wie sie das finde? Tja, sagt sie, dann ist es kurz ruhig. „Irgendwie schon komisch.“