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Kölner Stadt-Anzeiger vom 9. April 1981, Autor: Cordula von Wysocki

Ultimatum der Eltern: Mit Schulstreik gedroht

Nach Unglück in Rheinkassel Unterrichtsraum gefordert

Die Eltern der Rheinkasseler Grundschüler sind sich einig: "Nach den Osterferien werden wir unsere Kinder nicht mehr in die Schule nach Merkenich schicken, wenn unsere Forderungen bis zum 24. April nicht erfüllt worden sind!" Der Tod der zehnjährigen Gabi Nörthemann - das Mädchen kam am 31. März 1981 bei einem Unfall auf dem Weg zur Schule ums Leben - hat die Rheinkasseler Bürger aufgerüttelt.
In einer Bürgerversammlung am Dienstagabend verfassten sie eine Resolution, in der sie eine Verlegung der vierten Grundschulklasse von Merkenich nach Rheinkassel fordern. Bisher nämlich konnten zwar die Schüler der Klassen eins bis drei in einem Gebäude in Rheinkassel untergebracht werden, nicht aber die vierte Klasse. Die Jungen und Mädchen müssen zweimal am Tag mit dem Bus zwischen Merkenich und Rheinkassel hin- und herfahren. Der Grund: in dem Gebäude in Rheinkassel reicht der Platz nur für drei Klassen. Gabi Nörthemann - sie ging in die vierte Klasse - wurde getötet, als sie auf den Bus wartete, der sie in die Merkenicher Schule bringen sollte.
Jetzt sehen die Eltern der Grundschüler nicht mehr ein, warum diese zusätzliche Gefahrenquelle sein muß. "Eine Baracke auf dem Schulhof in Rheinkassel", erklärt der Vorsitzende des Bürgervereins Heinz Lemmens, "würde vorerst vollkommen reichen.."
In der Resolution, die an das Schulverwaltungsamt, an die drei Ratsfraktionen und an den Oberbürgermeister geschickt wurde, fordern die Rheinkasseler außerdem einen Schulbus, der die Kinder zum Turnen nach Merkenich bringen soll. Noch müssen die Kinder, die im Schulgebäude Rheinkassel untergebracht sind, einmal in der Woche mit einem KVB-Bus nach Merkenich fahren. Eine Turnhalle gibt es in dem Rheinkassler Schulgebäude nämlich nicht.
Für mehr Sicherheit an der Kreuzung Alte Römerstraße/Feldkasseler Weg - hier ereignete sich der tragische Unfall am 31. März - kämpfen die Rheinkasseler schon seit Jahren.
Noch in diesem Jahr, heißt es in einem Schreiben an die Bezirksverwaltungsstelle VI, das die Rheinkasseler am Dienstag unterschrieben, soll an dieser Kreuzung eine Ampelanlage errichtet werden. Unverzüglich sollte außerdem die sichtbehindernde Friedhofsmauer durch einen Maschendrahtzaun ersetzt werden und der Feldkasseler Weg verbreitert werden. Wenn bis zum 24. April an dieser Kreuzung nicht endlich etwas geschehen ist, beschlossen die Rheinkasseler am Dienstagabend, wird ein Protestmarsch zum Rathaus veranstaltet.
Die Ratschläge von Gustav Mailandt, schulfachlicher Dezernent im Kölner Regierungspräsidium und zuständig für den Rhein-Sieg-Kreis, halfen den Rheinkasselern bei der Bürgerversammlung nur wenig. Ein Vertreter von der Stadt war am Dienstagabend nicht erschienen. "Eine Veränderung", erklärte Gustav Mailandt den Eltern, "ist nur über den politischen Weg möglich."
Die Eltern, die täglich Angst um ihre Kinder haben müssen, reagierten verärgert. Ein Zwischenruf: "Das dauert viel zu lange, jetzt muss etwas geschehen!" Als letzte Hoffnung bleibt für die Rheinkasseler Eltern der St. Amandus-Pfarrsaal. Der Bürgervereinsvorsitzende Heinz Lemmens zeigte sich zuversichtlich: "Nach einer Absprache mit der Kirche dürfte es eigentlich kein Problem sein, die Kinder der vierten Klasse dort zu unterrichten."