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Kölner Stadt-Anzeiger vom 4. Juni 2015, Autor: Waldschmidt

Gegen die Langeweile vor den Toren der Stadt

Kinder in den Rheindörfern bemühen sich um eine Skater-Anlage.

In den Kölner Rheindörfern herrscht Idylle - für manche Kinder idyllische Langeweile. Sie bemühen sich um eine Skater-Anlage. Doch die erwachsenen Anwohner klagen schon jetzt über den Lärm.

Wer in einem Rheindorf seine Kindheit verbringen darf, ist privilegiert. Denkt der Stadtmensch. Der Vergleich mit hochverdichteten Innenstadtvierteln wie Sülz, Ehrenfeld oder Kalk drängt sich auf.

Petra Heinemann ist im Jugendamt zuständig für neue Spielflächen. Und weil sie dafür oft vor Ort mit den Kindern und Jugendlichen spricht, kommt sie in Köln herum und kann Parallelen ziehen. Sie steht vor dem Eingang zum Sportplatz am Mohlenweg und schaut sich um. Die Langeler haben’s gut, eine Idylle – auf den ersten Blick. Doch das Bild trügt. Auch in den ländlich geprägten Stadtteilen haben die Kinder und Jugendlichen kaum freie Räume zur Verfügung.

Heinemann ist aus der Südstadt gekommen, um mit Kindern aus dem Ort über Möglichkeiten zu sprechen, eine Skaterfläche anzulegen. Norah, Emily, Fabio, Jonathan und Julian, alle zwischen neun und zehn Jahre alt, haben sich am vereinbarten Treffpunkt eingefunden. Ebenfalls erschienen ist Dieter Metz, Vorsitzender des Bürgervereins.

Den Stein ins Rollen brachte Norah – schon im September letzten Jahres. Die passionierte Skaterin, mittlerweile zehn Jahre alt, bat in einem Brief an den Bürgerverein um eine wohnortnahe Skateranlage, entweder in Rheinkassel oder Langel. Zwar gibt es eine Anlage in Blumenberg, doch die ist umständlich zu erreichen. Nimmt man den Bus, muss man in Chorweiler umsteigen.

„Die Größeren fahren dahin oder auch in die Innenstadt zum Lentpark“, sagt Claudia Röttgen, Norahs Mutter. „Aber die Kleineren, die Zehn-, Elfjährigen, die kann man noch nicht so ohne weiteres allein fahren lassen.“ Der Bürgerverein reichte Norahs Schreiben an die Bezirksvertretung Chorweiler weiter.

Die CDU-Fraktion formulierte einen Antrag, der im Dezember einstimmig von der Bezirksvertretung verabschiedet wurde. Vorgeschlagen wurde als Standort der Spielplatz Cohnenhofstraße/Hitdorfer Fährweg. Doch im März lehnte die Verwaltung ab – der Spielplatz eigne sich wegen der nahen Wohnsiedlung nicht, die Anwohner würden schon jetzt häufig über Lärmbelästigung klagen. Außerdem sei am Rhein Hochwasserschutzgebiet. Es sei den Jugendlichen zuzumuten, zum Skaten nach Blumenberg zu fahren.

Wolfgang Kleinjans (Grüne) reagierte damals mit Kopfschütteln und sagte: „Vor allem das Argument des Hochwasserschutzes kann ich nicht nachvollziehen, wenn es um neue Wohnbebauung geht, wird das oft einfach vom Tisch gewischt.“ Das Blatt wendete sich, als Petra Heinemann aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, der über Norahs Initiative berichtete, vom Hintergrund des BV-Antrags erfuhr. Sie erklärte sich bereit, die Bedürfnislage im persönlichen Gespräch noch einmal zu erkunden.

„Habt ihr eine Idee, wie so eine Anlage aussehen soll?“, wendet sie sich an die Kinder. Eine Sprungschanze wünscht sich Norah und eine leicht abschüssig verlaufende Bahn. Ein Standort werde auch danach ausgewählt, ob nicht Außenstehende gefährdet würden, so Heinemann. „Ein Spielplatz für kleine Kinder daneben, das geht gar nicht. Die Boards fliegen schon mal weg, und Zäune zu ziehen, ist auch nicht schön.“

Außerdem wichtig: „Wenn, dann soll es etwas Festes werden, das auch jahrelang Bestand hat, schließlich muss man dafür ordentlich Geld in die Hand nehmen.“ Der Lärmschutz sei zentral. „Denn wenn die Anlage erst da ist, kommen alle, auch die BMX-Fahrer. Es wird ein Treffpunkt, es wird Musik mitgebracht, das Klackern der Boards ist laut, es entsteht der sogenannte Begleitlärm, die Anwohner beschweren sich, wir waren schon zigmal vor Gericht.“

Deshalb lautet die Devise der Stadtverwaltung längst: „Nur noch mit Bauantrag und möglichst fern von Wohnbebauung.“ Obligatorisch ist ein Lärmschutzgutachten. „Die Crux bei den Rheindörfern ist, dass es insgesamt einen hohen Bedarf an Flächen gibt, doch wegen des Hochwasserschutzes ist die Versiegelung eines Gebiets oft nicht möglich.“

Die Kinder fragt Heinemann: „Wüsstet ihr eventuell ein Grundstück, das in Frage käme?“ Norah zeigt übers Spargelfeld hinweg Richtung Pumpwerk. „Da liegt eine Wiese, über den Feldweg kommt man da leicht hin.“ Eigentlich soll dort eine Wohnanlage realisiert werden, berichtet Dieter Metz. Doch bislang habe sich kein Investor gefunden.

Das Problem, dass die Spielmöglichkeiten im Freien vor allem für Kinder im Grundschulalter in Langel und Rheinkassel rar sind, kennt er aus langer Erfahrung. „Vor Jahren haben wir in der Pfarrgemeinde über einen Bolzplatz diskutiert.“ Auch dieser Plan verlief im Sande. Die Angst der Bürger vor dem zu erwartenden Lärm war zu groß, wie häufig. „Als wir Norahs Brief an die Bezirksvertretung weitergegeben haben, hatten wir nur eine kleine Rampe auf dem Spielplatz am Fährweg im Sinn. Als das bekannt wurde, ging das Telefon los, die Nachbarn haben sofort protestiert“, erzählt Metz und verspricht dennoch: „Der Bürgerverein sieht sich mal nach einem geeigneten Grundstück um.“