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Kölnische Rundschau vom 20. Dezember 2012, Autor/Bilder: Ligocki

Das St. Amandus-Modell in der Krippe

Willi Rademaekers Kirchennachbau ist bis ins kleinste Detail ausgetüftelt

Welche Talente in den Nachbarn schlummern, vermag man oftmals nicht einmal zu erahnen. Bei den vielen verschiedenen Hobby- und Kunsthandwerkermärkten im Kölner Gebiet erfasst dann den einen oder anderen ein erstaunter Blick über das, was Mann und Frau von nebenan alles so zaubert.
Auch Willi Rademaekers aus Rheinkassel hat ein besonderes Talent: Er ist Modellbauer und das mit Leidenschaft. Für den 72jährigen Rentner, der gebürtig aus dem Sauerland stammt, ist sein Hobby zur Passion geworden. Täglich steht er von 10 bis 17 Uhr in seiner Werkstatt, sägt, hämmert, malt und zeichnet was das Zeug hält. Eine kleine Mittagspause mit seiner Frau inklusive.
Der gelernte Dreher wollte nach Beendigung seiner Ausbildung die große weite Welt sehen und kam so nach Köln. Doch schon immer hatte er einen Traum: Seefahrer werden. Nach der Musterung mit Tauglichkeitsstufe eins wurde der Traum endlich Wirklichkeit. Die Grundausbildung bei der Marine dauerte vierzehn Monate und schon bald fuhr er als Maschinist auf einem der drei Versuchs-U-Boote, der „Wilhelm Bauer“ und auf der U 10. Das Seefahren war sein Lebensinhalt. Immer ging er als letzter von und als erster an Bord. Insgesamt vier Jahre fuhr er zur See und lernte seine Frau bei einem Landgang in seiner Heimat kennen.
Kein Wunder also, dass die meisten seiner Modellbauarbeiten etwas mit der Seefahrt zu tun haben. Leuchttürme, Segelschiffe und Kutter – gebaut hat er schon so gut wie alles. Einer, der von ihm gebauten Leuchttürme war zweieinhalb Meter hoch. „Den konnte ich natürlich nicht in meiner Werkstatt zusammensetzen. Das habe ich dann im Freien gemacht“, erklärt er. Sein größter Stolz ist aber ein acht Meter langes funktionstüchtiges U-Boot. Einmal im Jahr wird „klar Schiff gemacht“. Dann holt er sein gutes Stück aus der Halle in Zons, wo es vor Anker liegt und schon wird es an die Nord- oder Ostsee gebracht. Mit einem ehemaligen Kameraden geht er dann auf Tauchgang. Auch wenn er nicht tiefer als 18 Meter tauchen kann – für ihn ist es jedes Mal ein Erlebnis.
Für seine Modelle braucht er nicht nur handwerkliches Geschickt, sondern muss auch filigran und kreativ arbeiten. Denn das Bemalen der Arbeiten übernimmt er auch selbst. Viele verschiedene Materialien kommen beim Bau eines Modells zum Einsatz: Holz, Blech, Eisen und auch Glas. Fenster zum Beispiel werden von ihm oftmals aus echtem Glas eingesetzt. Häufig eine „Fummelsarbeit“, die ihm jedoch jeden Tag aufs Neue viel Spaß bereitet.
Der vierfache Vater und siebenfache Opa bleibt durch sein Hobby auch geistig sehr fit. „Ich muss viel rechnen, damit ich das richtige Verhältnis zwischen Original und Modell hinbekomme. Dazu brauche ich viel Grips und Know-How. Das ist gut dafür, dass meine grauen Zellen nicht einschlafen“, erklärt er verschmitzt. Meistens baut er für Freunde und Bekannte. Sie kommen dann mit einem Bild oder einer Zeichnung vorbei und Rademaekers baut alles originalgetreu nach. Derzeit arbeitet er an einem Leuchtturm mit anliegendem Haus. „Das Original steht in Norwegen“, verrät er. 500 bis 600 Leuchttürme hat er in seiner „Karriere“ schon gebaut. „Manchmal weiß ich gar nicht mehr, wohin mit all den Arbeiten“, gibt er zu.
Doch bei einem seiner letzten Kunstwerke wusste er genau wohin. Im Sommer baute er die Pfarrkirche St. Amandus in Rheinkassel im Maßstab von 1:44 nach. „Ich fand unsere Kirche schon immer sehr schön und so kam ich auf die Idee, auch diese einmal nachzubauen“, erläutert er seine Bauintention. Kaum zu glauben, aber sogar das Innere der Kirche hat Rademaekers in mühevollster Kleinarbeit eins zu eins nachgebaut. Die Tasten der Orgel baute er aus einem winzigen Stückchen Zollstock. Die Fenster aus durchsichtigem Geschenkpapier und die Innentüre aus Kaninchendraht. Erfinderich ist Rademaekers demnach auch. Öffnet man die Eingangstür der Kirche, schaut man durch den Gang vorbei an den vielen Holzbänken in den beleuchteten Chorraum mit Holzkreuz und Altar.
Ja, richtig gehört: Die Kirche leuchtet. Auch die elektrischen Anschlüsse sind für den Handwerker kein Problem. Um die Kirche so originalgetreu nachzubauen, fotografierte und vermaß er sie. Um die richtige Farbe zu treffen, nahm er ein abgeblättertes Stück Putz mit nach Hause. Zweieinhalb Monate arbeitete er jeden Tag an der Miniaturkirche – allein für die Kirchenbänke brauchte er vier Wochen. Seine Mühen haben sich gelohnt: Das St. Amandus Modell steht seit der Fertigstellung in der Kirche und wird von vielen Gläubigen besichtigt. Eine besondere Ehre: Das Modell wird in diesem Jahr sogar in die Krippe eingebaut. Anschauen lohnt sich.