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Kölner Stadt-Anzeiger vom 28. August 2015, Autor/Bild: Waldschmidt

Auch weiterhin Hausmanskost im „Kasselberger Gretchen“

Entgegen aller Gerüchte wird es in Kasselberg auch weiterhin bodenständige Hausmannskost im Kasselberger Gretchen geben

Eine gute Nachricht: Das Kasselberger Gretchen, beliebte Traditionsgaststätte am Rheinufer in Kasselberg, bleibt bestehen, ist keineswegs von Schließung bedroht. Das Gerücht machte die Runde, nachdem das Amt für Landschaftspflege und Grünflächen im Juni einen neuen Pflege- und Entwicklungsplan für die Rheinaue in der Bezirksvertretung Chorweiler vorgestellt hatte. Darin wird zwar die Forderung erhoben, dass der Campingplatz gegenüber dem Gretchen langfristig verschwinden solle, da er dem Landschaftsschutz zuwiderlaufe. Doch dass auch die Gaststätte weg soll, davon steht in besagtem Plan kein einziges Wort. Die Kasselberger können also aufatmen.

Das Gretchen, das schon seit Ende des 19. Jahrhunderts Bestand hat, ist nicht nur beliebter Treffpunkt bei den Einheimischen. Am Wochenende kommen auch Wanderer und Radfahrer entlang des Rheins unweigerlich dort vorbei, bevölkern den Gastraum und vor allem die Terrasse. Die Größe des Betriebs sei eine neue Herausforderung für sie, sagt Loretta Kuligowski. Sie hat die Küche übernommen, arbeitet meistens allein, nur am Wochenende geht ihr eine Hilfe zur Hand. Im März 2014 übernahm sie die Gaststätte mit ihrem Lebensgefährten Klaus Kahmann, der offiziell als Pächter firmiert.

Das Kasselberger Gretchen, Kasselberger Weg 101, Rufnummer 0221/7000013, hat nahezu durchgehend geöffnet, von Dienstag bis Freitag ab 11 Uhr, am Samstag und Sonntag ab 10 Uhr. Montags ist Ruhetag, außer an den Feiertagen. Die Küche ist von 12 bis 21 Uhr geöffnet.

Er steht hinter der Theke, sie kocht, diese Arbeitsteilung ergab sich wie von selbst. Beide sind eher durch Zufall zur Gastronomie gekommen. Das erste Lokal, das sie gemeinsam betrieben, war das Casino eines Kölner Reiterhofs. Dort haben sie sich vor vielen Jahren kennengelernt. Denn Kahmann (53) ist ursprünglich Springreiter und Reitlehrer, bis 2009 nahm er regelmäßig an Turnieren teil. „Er war der Reitlehrer meiner Tochter“, sagt Kuligowski. Sie wiederum kommt aus einem ganz anderen Metier: Die 57-Jährige ist ehemalige Balletttänzerin, war einst an der Oper Köln fest engagiert. „Meine gesamte Kindheit habe ich im Ballettsaal verbracht“, erzählt sie, gerade mal 1,62 Meter groß. Mit 33 musste sie die Ballettschuhe an den Nagel hängen. Eine Umschulung zur Fremdsprachenkorrespondentin folgte.

Doch die Büroarbeit sei nicht das Richtige für sie gewesen, so Kuligowski. Also fing sie an, eine andere frühe Leidenschaft aufleben zu lassen: das Kochen. Privat bevorzugt sie die asiatische Küche. Aber das Gretchen ist nun mal ein Gasthof mit langer, kölscher Tradition, die Gäste erwarten bodenständige Hausmannskost. Also richtet Kuligowski die Speisekarte darauf aus. Es gibt eine Sommer- und eine Winterkarte, dazu wechselnde Tagesgerichte.

Tradition sind etwa Rievkooche, in breiter Palette: klassisch mit Apfelmus oder mit Räucherlachs und Meerrettich, mit Preiselbeeren oder Rübenkraut. Weitere Klassiker sind Schnitzel, Rumpsteak, Matjesfilet. Für den kleinen Hunger gibt es die Portion Pommes für zwei Euro oder die Riesenbockwurst mit Beilage für 3,50 Euro. Für die Tageskarte kreiert Kuligowski gern auch Besonderes: „Da koche ich etwas, das im Privathaushalt viel Arbeit mit sich bringt, weil man den Bräter rausholen muss, wie zum Beispiel Burgunderbraten mit Speckböhnchen.“

Wenn sie von ihrer Arbeit erzählt, strahlt sie. Es macht ihr offensichtlich Spaß, andere Menschen zu bewirten, ihnen ein paar schöne Stunden zu bereiten. Rein äußerlich hat sie die Kneipe einer Modernisierung unterzogen, bei gleichzeitiger Bewahrung des alten Mobiliars. Die neuen Gardinen in hellen Farben lassen die Räume frischer wirken. Verschiedene Freundeskreise haben im Gretchen die Möglichkeit, parallel Geselligkeit zu pflegen, ohne sich ins Gehege zu kommen, denn das Lokal bietet abgetrennte Bereiche. So steht etwa ein Billardtisch bereit, ebenso eine Kegelbahn. Die wurde vor der Übernahme Anfang 2014 umfassend renoviert. Sie hat sogar Tageslicht, weil eine Fensterfront zum Hof geht.

Ein Wiener Schnitzel etwa mit Pommes und gemischtem Salat kostet 10,90 Euro. Drei Reibekuchen mit Apfelmus, Schwarzbrot und Butter gibt es für 6,90 Euro. Samstags und sonntags wird ein „Biker-Frühstück“ gereicht (6,90 Euro). Milchkaffee 2,50 Euro, Gaffelkölsch (0,2 l) 1,40 Euro, Apollinaris-Mineralwasser (0,25 l) 2,10 Euro.Vom 5. bis 19. Oktober sind Betriebsferien.

Für Silvester werden jetzt schon Reservierungen entgegengenommen. Serviert wird ein viergängiges Menü zum Preis von 32 Euro pro Person, zuzüglich Getränke.

Auch für größere Gruppen gibt es eine Möglichkeit, separat zu feiern. Auf den Saal, der ein paar Treppenstufen erhöht liegt, ist Loretta Kuligowski richtig stolz. Dort befand sich einst das Café Plüsch, mit altdeutschen Möbeln und viel Deko. Heute herrscht hier behagliche Eleganz: Weiß gestrichene Wände, moderne Sitzgruppe, Designer-Theke. Im Saal kann eine Gruppe vollkommen unter sich bleiben, es gibt eine Extra-Toilette und eine Sonnenterrasse. Die Buchung ist mietfrei, unter der Voraussetzung, dass die Gretchen-Crew die Beköstigung übernimmt.

Unbedingt möchte Kuligowski noch einen Kommentar loswerden zur Debatte um den Landschaftsschutz: „Wir sind hier eins mit der Natur, hier leben unglaublich viele Vögel, der Campingplatz ist außerdem sehr leise, es gibt kein Remmidemmi.“ Im Dezember steht ein geschmückter Weihnachtsbaum auf der Terrasse, daran sind auch Meisenknödel befestigt zur Vogelfütterung.

Weihnachten? Die dunkle Jahreszeit kündigt sich tatsächlich schon jetzt an. Im Herbst wird eine Spezialität auf der Karte stehen, das steht fest: Rehgulasch. Das Tier wurde kürzlich von einem befreundeten Metzger eigenhändig in der Küche vom Gretchen geschlachtet, ein Kasselberger Jäger hatte es geschossen und schenkte es zur Weiterverwertung. „Er kam rein und fragte: Kannst du ein Reh gebrauchen? Da musste ich schnell einen Schlachter organisieren“, berichtet Kuligowski. „Das wird ein leckeres Ragout.“