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Kölner Stadt-Anzeiger vom 26. August 2005, Autor: Lampe; Bild: Grönert

Kirchenschätze mit Musik

Hannemarie Valder liebt die kleinen Gotteshäuser

Amandus kann's nicht sein, der da so grimmig aus dem weiß bemalten Mauerputz vor dem Eingang auf die Kirchbesucher schaut. Amandus heißt schließlich „der Liebenswürdige“, der Kirchenschutzpatron dieses Namens war im 7. Jahrhundert Missionar in Flandern und Gründer eines Benediktinerklosters. Das verwitterte Steinköpfchen ist in Rheinkassel als „Duude Mann“ bekannt, und der Sage nach erinnert die Figur im Gemäuer an einen Toten, den einst der Rhein an Land gespült hat. Der Unbekannte soll die Taschen voller Gold gehabt haben - damit sei der Kirchbau St. Amandus vollendet worden.

Die Legende um den geheimnisvollen dunklen Stein im heiter weiß-rosa Mauerwerk darf nicht fehlen, wenn Hannemarie Valder ihren Lieblingsplatz unter den Kleinodien romanischen Kirchenbaus außerhalb des Kölner Zentrums vorstellt. Ansonsten verlässt sich die seit mehr als 30 Jahren erfahrene Stadtführerin aber weniger auf Sagen als auf ihr sagenhaftes Wissen. „Jeden Tag drei Sätze auswendig lernen“ - dieser Leitspruch ihres Vaters hat hörbar Früchte getragen, und in 77 Lebensjahren hat sie wahrhaftig eine Menge auswendig gelernt. Die gelernte Dolmetscherin, deren Onkel, Bruder und Ehemann sich als Architekten und Baumeister um den Dom und andere prominente Kölner Kirchen verdient gemacht haben, war an Kunstgeschichte immer sehr interessiert. Ihr gesammeltes Wissen begann sie an Köln-Besucher weiterzugeben, als die vier Kinder aus dem Haus waren.

Obwohl sie vom Dom nach wie vor fasziniert ist, hat sie sich ihr Betätigungsfeld inzwischen eher am Stadtrand gesucht - da gibt es einfach noch so viel zu entdecken, findet Hannemarie Valder. Deshalb hat sie mit ihrer Tochter Claudia Valder-Knechtges eine besondere Führungs-Idee entwickelt: Von September bis Januar organisieren die beiden an sechs Sonntagen Führungen mit Musikprogramm. Jeweils eine kleine romanische Kirche und deren Schätze stellt die Mutter den Besuchern vor, im Anschluss musizieren bekannte Solisten oder Ensembles im frisch erklärten Gotteshaus.

An St. Amandus erfahren sie vor dem Konzert mit dem Trio Cherubino beispielsweise vom alten Streit zwischen den Knechtstedener Prämonstratensern und den Stiftsherren von St. Gereon in Köln um den Zehnten der gut situierten Rheinkasseler Gemeinde, den Erzbischof Engelberg vom Berg im Jahr 1220 zugunsten von St. Gereon entschied. Sie lernen im mehrfach erweiterten und umgebauten Dorfkirchlein den Keramik-Kreuzweg kennen - und eine Madonna aus dem 13. Jahrhundert, der selbst ein Feuerschaden das verschmitzte Lächeln nicht vom Gesicht brennen konnte.