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Kölner Stadt-Anzeiger vom 23. März 2021, Autor/Bild: Dröge

Stadt lehnt Eigenständigkeit der Rheindörfer ab

Enttäuschung im Kölner Norden

Aus Sicht ihrer Bewohner steht eigentlich außer Frage, dass Rheinkassel, Langel und Merkenich jeweils eigene Ortschaften mit eigenen Gegebenheiten und Bedürfnissen darstellen. Die Bezirkspolitiker Chorweilers sind da ganz ihrer Meinung und möchten erreichen, dass auch die Kölner Verwaltung das so sieht. Diese fasst die Rheindörfer nämlich bislang zu einem Stadtteil unter dem Namen „Merkenich“ zusammen, wodurch sie auch statistisch und städteplanerisch als Einheit betrachtet werden – was der Realität vor Ort jedoch nicht gerecht wird, so die Kritiker dieser Regelung.

Um die Ortschaften differenziert betrachten zu können, hatte die Bezirksvertretung Chorweiler im Dezember vergangenen Jahres daher einen Antrag beschlossen, in der sie die Verwaltung aufforderte, Rheinkassel und Langel als einen gemeinsamen neuen Stadtteil von Merkenich abzutrennen. Der solle auch die am Flussufer gelegene Ansiedlung Kasselberg umfassen, das Gewerbegebiet Feldkassel hingegen aus historischen Gründen Fühlingen zugeschlagen werden.

Dass die Ideen der Bezirksvertreter in der Verwaltung keine Begeisterung auslösten, lässt sich aus einer Antwort herauslesen, die die Verwaltung für die jüngste, aufgrund der Pandemie-Schutzmaßnahmen ausgefallene Sitzung des Gremiums vorbereitet hatte. Denn im Grunde möchte sie alles so lassen, wie es ist.

Stadtteile sollten „eine gewisse Eigenständigkeit bezüglich ihrer Daseinsgrundfunktionen aufweisen“, so die Argumentation der Verwaltung. Dies wäre bei einem Stadtteil Rheinkassel/Langel jedoch nicht der Fall, da es dort, abgesehen von verstreutem Gewerbe und kleinteiligem Einzelhandel, keine Infrastruktur gebe, die der Bevölkerung erlaube, sich für ihren täglichen Bedarf zu versorgen. Auch seien keine gemeinsamen „Identifikationspunkte“ erkennbar, die ein Stadtteil aus Sicht der Verwaltung aufweisen solle. Auch hätten beide neue Stadtteile weniger als 5000 Einwohner, was für die Verwaltung ein Richtwert für die Mindestgröße von Raumeinheiten darstellt. Auch die Zuschlagung Feldkassels zu Fühlingen lehnt die Verwaltung ab, da die Industriestraße beide Gebiete von einander trenne und diese somit keine räumliche Einheit bildeten.

Die Verwaltung räumte ein, dass Stadtteile oft über eine „heterogene Bevölkerungsstruktur“ verfügten. Darum sei mit dem „statistischen Quartier“ eine Raumeinheit unterhalb der Stadtteilebene geschaffen worden, um sozio-demographische Strukturen besser abbilden zu können. Demnach bildeten Langel und Rheinkassel bereits ein statistisches Quartier, während Merkenich in zwei solcher Quartiere aufgeteilt sei. Die von der Bezirksvertretung gewünschte Differenzierung sei durch diese Ebene daher schon erfüllt, so die Verwaltung.

Inan Gökpinar, der Vorsitzende der SPD-Fraktion, zeigte sich dennoch unzufrieden. „Es geht uns dabei um ganz reale Probleme, wie die mangelnde Ausstattung mit Kinderbetreuungseinrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten“, sagte er, „die lassen sich nicht hinreichend gut darstellen, wenn man so viele Ortschaften über einen Kamm schert.“ Gökpinar verwies auf die Pläne, die Innenstadt aufzuspalten und etwa den Eigelstein oder das Agnesviertel in den Rang eigener Stadtteile zu erheben. „Ich frage mich, wo besteht da der Unterschied?“, so Gökpinar. Die Bevölkerung der Rheindörfer dürfe in den kommenden Jahre wachsen, was nicht nur das Argument der Verwaltung entkräfte, sondern auch die beschriebenen Probleme in Zukunft noch dringlicher werden ließe.

Wolfgang Kleinjans, Fraktionsvorsitzender der Grünen, war von der Reaktion der Verwaltung nicht überrascht. „Das stand zu erwarten“, meinte er, „aus Sicht der Verwaltung ist das angesichts der geringen Einwohnerzahl der Rheindörfer ein Riesenaufwand.“ Kleinjans machte deutlich, dass er nicht an dem von der BV vorgeschlagenen Weg hänge. „Wie die Rheindörfer aufgewertet werden, ist mir eigentlich egal – nur, dass sie aufgewertet werden müssen, steht außer Frage. Zu sagen, das geht nicht, ist mir zu wenig.“ Die Verwaltung solle vielmehr eine Lösung anbieten.

Gökpinar überlegte derweil laut, ein Bürgerbegehren unter den Einwohnern der Rheindörfer anzuregen: „So könnten wir die Bürger ins Boot holen, um mehr Nachdruck und tragfähige Alternativen zu entwickeln.“