Keine Navigationsleiste auf der linken Seite? Abhilfe

Kölner Stadt-Anzeiger vom 17. Oktober 2011, Autor/Bild: Stinauer/Krasniqi

Ungebremst in den Rhein

59-jähriger LKW-Fahrer stirbt

Der LKW, der am Freitag am Fähranleger in Langel in den Rhein gefahren war, ist am Samstag in den Mülheimer Hafen geschleppt worden. Ein erster Bergungsversuch war gescheitert, weil ein Seil gerissen war.
Langel - Die Bergung des Lastwagen, der am frühen Freitagmorgen am Fähranleger in Langel in den Rhein gefahren war, gestaltet sich schwierig. Der mit Fleisch und Gemüse beladene Rewe-LKW sollte zunächst am Freitagnachmittag aus dem Wasser gezogen werden. Dabei riss jedoch ein Seil. Am Samstag konnte der schwere Wagen dann auf einen Ponton gehoben und in den Mülheimer Hafen gezogen werden. Der Laster soll nun im Laufe des Montags an Land gehoben werden. Vorher sei auch keine Aussage über die Ursache des Unglücks zu erwarten, so ein Polizeisprecher am Sonntag. "Wir konnten den Wagen bisher nicht untersuchen."
Als der Lastwagen am Freitagmorgen auf den Anleger der Fähre in Langel zufährt, stehen mehrere Menschen vor der Rampe. Es ist noch dunkel, 6.45 Uhr. Die Passagiere warten auf das Boot zur Überfahrt. Einige sehen das Unglück kommen. „Sie haben versucht, den Lkw-Fahrer mit Handzeichen zu warnen“, berichtet der Fährmann später, „aber er achtete nicht darauf.“ Oder er verstand die Signale nicht. Ohne das Tempo zu drosseln, fährt der 59-Jährige laut Polizei über die Eisenrampe direkt in den Rhein. Die Zeugen rufen die Feuerwehr.
Der 7,5-Tonner treibt sofort ab, ein Feuerwehrboot holt das Fahrzeug ein. Die Besatzung sieht einen Mann neben dem Lkw auf der Wasseroberfläche treiben und zieht ihn ins Boot. Es ist der Fahrer, er ist tot. Irgendwie muss er sich noch aus seinem Fahrerhaus befreit haben. Woran er starb, ist noch unklar. Sein Leichnam wurde zur Obduktion in die Rechtsmedizin gebracht.
In Höhe des Ineos-Werks in Worringen, fünf Kilometer vom Fähranleger entfernt, stoppt ein Schubboot der Werkfeuerwehr den Lastwagen, drängt ihn aus der Fahrrinne und keilt ihn am Ufer ein. Nach einem missglückten Bergungsversuch am Nachmittag sollte ein Schwerlastkran den Lkw am Wochenende heben.
Vorerst bleibt ungewiss, warum der 59-Jährige mit seinem Lkw in den Rhein gestürzt ist. Hat er sich womöglich auf ein Navigationsgerät mit veralteter Software verlassen, das den Weg der Fähre als gewöhnliche Straße anzeigte? Hat er im Dunkeln nicht erkannt, dass der schnurgerade Hitdorfer Fährweg über die Rampe direkt in den Fluss führt? Oder haben die Bremsen versagt? Die Polizei konnte am Freitag auch eine Selbsttötung nicht ausschließen – auch wenn laut Behördensprecher Winfried Südkamp „bislang keinerlei konkreten Hinweise darauf vorliegen“.
Klar ist bislang nur: Der 59-Jährige stammte nicht aus Köln. Er arbeitete für Rewe Food Service, der vorwiegend Betriebskantinen beliefert. Sein Lkw war mit Fleisch und Gemüse beladen. „Wir bedauern den Todesfall außerordentlich“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Fragen zur Route des Fahrers oder zu seinen Ortskenntnissen beantwortete sie „wegen des laufenden Verfahrens“ nicht.
Der Lastwagen ist das fünfte Fahrzeug in fünfeinhalb Jahren, das in Langel an derselben Stelle im Rhein landete. Der 59-Jährige ist das zweite Todesopfer. Nach jedem Vorfall wurden Forderungen laut, die Unfallstelle besser abzusichern. Doch die Stadt hält das nicht für erforderlich, auch nicht nach dem neuerlichen Unglück. „Wir werden jetzt noch mal überlegen, ob man da was machen muss“, sagt zwar Kai Lachmann vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik. „Aber wir haben die Situation schon vor längerem überprüft und sind der Meinung, dass die Beschilderung vor Ort eindeutig ist. Da waren sich alle Fachleute einig.“ Fakt ist: Zwei Schilder weisen auf die Absturzgefahr hin: Eines etwa hundert Meter vor der Wasserkante, ein zweites unmittelbar davor – zum Bremsen wäre es da im Zweifel schon zu spät.
Cornelie Wittsack-Junge klingt empört, als sie von dem tödlichen Unfall erfährt: „Die Stadtverwaltung hat uns immer abgespeist mit den Worten, die Stelle sei sicher“, sagt die Grünen-Politikerin und Bezirksbürgermeisterin von Chorweiler. Nach dem vorletzten Vorfall vor elf Monaten, als zwei Männer in einem Opel wegen irritierender Anzeigen im Navi-Display in den Rhein stürzten, hatten Vertreter der Bezirksvertretung sich die Unfallstelle genau angesehen. „Wir kamen damals zum Ergebnis, dass die Situation unsicher ist und etwas getan werden muss. Wir haben die Verwaltung aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Aber alles wurde abgelehnt.“
Die Bezirksvertreter waren schon seinerzeit der Auffassung, dass die vorhandene Beschilderung sowie die Beleuchtung an der Rampe nicht ausreichen. „Vorstellbar ist aus meiner Sicht, dass man Streifen als Warnung auf den Boden malt. Oder dass man rote Signallampen installiert oder eine Schranke einbaut“, sagt Wittsack-Junge. Die Bezirksvertreter seien allerdings keine Fachleute. „Da ist schon die Stadtverwaltung gefragt.“ Kai Lachmann betont, man müsse zunächst abwarten, bis zweifelsfrei feststehe, warum der Lkw in den Fluss stürzte. „Wir werden den Fall mit der erforderlichen Sorgfalt prüfen und sicher auch das Gespräch mit der Polizei suchen.“

Berichte der WDR-Lokalzeit