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Kölner Stadt-Anzeiger vom 7. Oktober 2003; Autor + Foto: Christoph Hoffmann

Nach einem Foul beim Fußball arbeitsunfähig

Ein junger Fußballspieler wurde wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt und legte Berufung ein. Jetzt sprach das Gericht das endgültige Urteil.

Im Fußball geht es nicht selten hart zur Sache. Da wird gegrätscht, gerempelt, getreten und gefoult. Um ein Foul mit schlimmen Folgen ging es jetzt im Kölner Landgericht.

Im Saal 250 sitzt Genaro C. neben seinem Anwalt. Der 21-jährige Fußballer muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten - ein Prozess, der in der Kölner, wenn nicht gar in der deutschen Justizgeschichte, seinesgleichen sucht. Denn es ist selten, dass sich ein Amateurkicker wegen übertriebener Härte auf dem Platz vor einer Strafkammer wiederfindet. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Kreisligastürmer des FC Rheinkassel einem Gegenspieler absichtlich das Bein gebrochen hat. Das Amtsgericht hatte den Spieler in erster Instanz in selten erlebter Härte zu einer Woche Jugendarrest verurteilt. Dagegen hatte der Verurteilte Berufung eingelegt.

Das Skandal-Spiel fand am 8. September 2002 gegen den TuS Rheindorf statt. Der Gast Rheindorf führt in der 70. Minute mit 3:1. Querim Hoxhaj (28) spielt im Mittelfeld. In der 90. Minute bekommt er den Ball, läuft Richtung gegnerisches Tor. Er befindet sich auf der Höhe der Mittellinie. Genaro C. greift ihn an, grätscht ins Leere. Er rappelt sich auf, zieht bei einer erneuten Attacke wieder den Kürzeren. Hoxhaj stürmt in den 16-Meter-Raum, sieht einen Mitspieler und will den Ball abgeben. Da fällt ihn sein Verfolger von hinten mit gestrecktem Bein. Die Zeugen sagen später in der Verhandlung, es habe laut geknallt, als die Fußballstollen die Wade des Gegners trafen. Während Hoxhaj vom Platz getragen wird, geraten die Spieler beider Mannschaften aneinander. Der Schiedsrichter zeigt Genaro C. die Rote Karte. Ein Sportgericht reagiert äußerst milde auf die brutale Grätsche: drei Monate Sperre - damit ist der Fall für den Fußballkreis Köln erledigt.

Der Gefoulte leidet hingegen noch heute unter den Folgen der Attacke. Wadenbeinbruch, Bänderrisse und ein komplizierter Bruch des Sprunggelenks haben ihn zu mehrwöchigen Klinikaufenthalten gezwungen. Nach etlichen Operationen lernt er mühsam das Laufen an Krücken wieder. Bis heute ist er arbeitsunfähig geschrieben. Seine Stelle als Bauhelfer hat er verloren. Und mit dem Fußballspielen wird es wohl nichts mehr werden.

Im Strafprozess sprechen die Zeugen von einem Foul mit Ansage: Der Angeklagte "hätte den Ball nie bekommen können", sagt ein Zuschauer des Spiels. "Er wollte ganz sicher die Beine treffen." Fast alle Zeugen wollen gehört haben, wie der Stürmer während des Spiels rief: "Ich brech' dir die Beine." Der Angeschuldigte sitzt neben seinem Anwalt, schüttelt den Kopf.

Das Gericht spricht den Angeklagten auch in zweiter Instanz schuldig. Die Kammer lässt Milde walten und erkennt nur auf "einfache Körperverletzung". Genaro C. wird verwarnt und erhält siebzig Sozialstunden. Dennoch zeigt sich Marc D. Wilson, Anwalt des Opfers, zufrieden. "Wichtig ist die offizielle Bestätigung, dass der Angeklagte schuldig ist. Es werden noch Schmerzensgeldforderungen und ärztliche Behandlungskosten auf ihn zukommen."



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