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Kölner Stadt-Anzeiger vom 4. Juli 2006, Autor: KIERSPEL

Das Örgelchen rauschte mächtig auf

In Rheinkassel brachte Michael Utz ein historisches Schätzchen zum Klingen.

Für Orgelfans ist Köln eine Reise wert. Hier gibt es beste Organisten und eine Fülle neuer Instrumente, auch im Stil des Barock oder der Romantik. Aber es gibt nur wenige wirklich historische Orgeln. Eine davon steht in Rheinkassel, in der kleinen romanischen Dorfkirche St. Amandus. Jetzt hat Michael Utz, Kantor der Abteikirche Brauweiler, die Lungen des Schätzchens geprüft, er hat Musik des Barock und der Klassik passend ausgesucht.

Die Orgel stammt wohl von 1789, aus dem Jahr der französischen Revolution. Als der Kölner Architekt Gottfried Böhm um 1975-80 die Kirche wieder aufbaute und drumherum ein Dörfchen entwarf, da restaurierte die Kölner Orgelbaufirma Peter das Instrument. Es hat nur ein Manual, ein kleines Pedal und elf Register. Aber ihre Klangmacht überrascht. Der sehr direkte Klang zeichnet Einzelstimmen klar nach.

Diese Orgel gab jetzt zuerst Werken von Bach eine ungewöhnliche Transparenz und Helligkeit. Das Frische, Sinnenfrohe passte ausgezeichnet zu beschwingter Musik, zur Fuge aus BWV 564, zu kleinen Duetten, auch zu heiterer italienischer Musik, etwa von Galuppi. „Man staunt, was da rauskommt“, meinte Utz, der das Örgelchen in einer Niccolo-Moretti-Zugabe mächtig aufrauschen ließ.

So passte die Musik besonders gut zum Konzept der Reihe „Erkundungen“, die in Kölns kleine romanische Kirchen einlädt. Vorher hatte die Expertin Hannemarie Valder die Dorfkirche staufischer Prägung und ihre teils aus dem 19. Jahrhundert gerettete Ausstattung erklärt, mit Daten seit der Römerzeit. Die Kölnerin weiß viele lustige Geschichten und bekundet einen kölsch-direkten Draht zur Geistlichkeit, zu Künstlern und Heiligen wie Amandus, dem Lieblichen.

Im siebten Jahrhundert wird schon eine Kirche erwähnt. Ihre Lage am Rhein, gegenüber der Wuppermündung, verlangt heute Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser. Das fruchtbare Gebiet hat Legenden genährt wie die von einem hier ertrunkenen Mann mit Taschen voller Geld. Daran erinnert das Totenköpfchen am Kirchturm und ihr Beiname „Dudemanns Kerk“. Jedenfalls machte der Reichtum begehrlich, erzählte Frau Valder vergnügt: „Und wer kann besser streiten als die Kirchen, wenn es ums Geld geht.“

Als die Kirche in den Besitz des reichen Kölner Stifts St. Gereon kam, haben „die Gereöner“ sie standesgemäß hergerichtet. Nach Zeiten des Verfalls strahlt sie nun wieder, die „schönste Dorfkirche vom Niederrhein“.