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Kölnische Rundschau vom 11. Januar 2011, Autor: Meifert / Bild: Gauger

Kasselberg ist reif für die Insel

Unimog versorgt die Bewohner

Kasselberg, das sind elf Häuser. Und wie immer, wenn der Rhein das Wasser nicht halten kann, leben die 40 Bewohner im Kölner Norden auf einer Insel. Seit Sonntag betreibt die DLRG eine Art Wassertaxi für die Anwohner.
Max Henry erlebt sein erstes Hochwasser. Und er findet es zum Schreien. Ein Helfer der DLRG hebt das vier Monate alte Kerlchen aus dem weißen Unimog, mit dem er soeben einen durchaus spektakulären Besuch bei Opa Harry Brütt hingelegt hat. Denn Opas Haus und somit auch die Gaststätte "Kasselberger Gretchen" schwimmen im Wasser, so scheint das zumindest aus der Entfernung. Aber Max Henry hat gerade ganz andere Probleme.
Kasselberg, das sind elf Häuser, jede Menge Hühner, eine Bundeskegelbahn, Spargelfelder und einige Hochleitungsmasten. Und wie immer, wenn der Rhein das Wasser nicht halten kann, leben die 40 Bewohner im Kölner Norden auf einer Insel. Seit Sonntag betreibt die DLRG eine Art Wassertaxi für die Anwohner, bis gestern Abend mit dem Unimog, heute vermutlich mit dem Motorboot.
Das Ehepaar Brütt war mit dem Nachwuchs auf Heimaturlaub und wurde vom Hochwasser überrascht. "Mein Mann kennt das von früher", sagt Mama Ulrike, "aber für mich ist es neu." Am Wochenende haben sie ihr Auto schon "rübergebracht", weg vom Kasselberger Weg, von dem nur noch die Hinweisschilder zu sehen sind.
Die Kasselberger begegnen den Wassermassen vor allem mit Routine. 2003 haben sie hier das letzte Mal nasse Füße bekommen. Diesmal sind die Keller trocken geblieben, was drin stand, haben die Anwohner längst in Sicherheit gebracht. "Wir sind froh, wenn das Wasser auf der Straße bleibt, und warten geduldig, bis es sich verzieht", sagt Margit Erfting. 4000 Tiere gehören zum "Hühnerhof", den die 43-Jährige mit ihrem Mann betreibt. Auch die Hühner picken noch im Trockenen. Deren Erzeugnisse haben die Erftings am Wochenende ausgelagert. "Wir liefern weiter Eier aus."
Mit neun Metern dürfte der Rhein heute seinen Höchststand erreichen. Die Stadt hat weitere Vorkehrungen getroffen: So haben Kräfte des Technischen Hilfswerks das Schokoladenmuseum "abgedichtet". Die Tiefgarage des Rheinauhafens bleibt weiter geöffnet, die Fluttore müssten erst ab 9,40 Meter geschlossen werden. Geflutet würde die Parkfläche ab 11,30 Meter.
Dass der Scheitelpunkt des Hochwassers bald erreicht ist, ist die gute Nachricht für die Menschen in Kasselberg und in Rodenkirchen, wo ebenfalls 15 Häuser nur mit Hilfe der DLRG zu erreichen sind. Die schlechte: So schnell wird das Wasser wohl nicht weichen. Denn für die nächsten Tage sind Regenfälle angekündigt.
Also lassen sie sich fahren. Zwölf Stunden dauert die Schicht von Stefan Ostermann, der für die DLRG mit einem Kollegen den Unimog steuert. 60 Zentimeter steht das Wasser auf der Straße, am Wochenende haben sie die mit Flatterband markiert. Einige tückischen Ecken gibt es dennoch. "Vor dem ,Gretchen' steht eine Bank", sagt der 42-Jährige schmunzelnd. "Nur steht die im Wasser." Die Anwohner können die "Fährmänner" übers Handy zum Steg vor der eigenen Haustür rufen, ein Service, der offenbar tadellos funktioniert: "Stefan, wir müssen zur 107."
Die achtjährige Laura Joppien findet jedenfalls Gefallen am "Kasselberger Vollbad". Um 7.30 Uhr startet der Unimog zu Schule. Und danach ist noch Zeit zum Shoppen mit der Mama. Laura braucht dringend neue Gummistiefel.