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Vereinigungsvertrag vom 4. Februar 1921

(mit Anmerkungen)
Alle Eingemeindungen von Köln

Hintergrund:

Am 1. April 1922 wird die Bürgermeisterei Worringen mit den Dörfern Feldkassel, Fühlingen, Kasselberg, Langel, Merkenich, Rheinkassel, Roggendorf, Thenhoven und Weiler in die Stadt Köln eingemeindet. Köln dehnt sich mit nunmehr 251 km² zur flächenmäßig zweitgrößten Stadt nach Berlin aus. Mit einer Einwohnerzahl von 674000 steht die Stadt an dritter Stelle hinter Berlin und Hamburg.
Die nördliche Stadterweiterung ist Teil des großzügigen Generalentwicklungsplans für Köln. Für ein neues Industrie- und Gewerbegebiet in unmittelbarer Nähe des Rheins und die schon 1912 geplante Hafenanlage in Niehl sind große Freiflächen erforderlich; die der Gemeindeverband mit dem Bauern- und Fischerdorf Worringen als Mittelpunkt bietet. Auf etwa 5600 ha Fläche leben hier nur etwa 7300 Einwohner.
Um Widerstände gegen die Eingemeindung zu unterlaufen, die sich in einer Worringer Bürgerbewegung regten und vom zuständigen Landrat erwartet wurden, trieben Oberbürgermeister Konrad Adenauer sowie der Bürgermeister von Worringen das Verfahren mit größter Eile voran. Dabei nutzte Adenauer seine Ämter als Vorsitzender des Provinzialausschusses und als Präsident des Staatsrates geschickt aus und setzte die staatliche Genehmigung seines Eingemeindungsantrags zügig durch.

Ein Schild aus dieser Zeit hängt heute noch am "Kasselberger Gretchen" in Kasselberg.

Der Vertrag:

Zwischen der Stadt Köln, vertreten durch den Oberbürgermeister Dr. Konrad Adenauer in Köln, einerseits und der Landgemeinde Worringen, vertreten durch den Beigeordneten Heinrich Frenger in Fühlingen, andererseits ist nachstehender Vereinigungsvertrag auf Grund der zustimmenden Beschlüsse der Stadtverordneten-Versammlung in Köln vom 3. Februar 1921 und des Gemeinderats in Worringen vom 3. Februar 1921 abgeschlossen worden.

§1.

Die Landgemeinde Worringen wird mit der Stadtgemeinde Köln nach Massgabe der nachstehenden Bedingungen und Vorschriften vereinigt. Die Einwohner der beiden Gemeinden haben alsdann dieselben Rechte und Pflichten.

§2.

I. Bedingungen der Vereinigung, die als Teil des Gesetzes zu veröffentlichen sind.

  1. Die Ortsgesetze und Vorschriften der Stadtgemeinde Köln erhalten in der Gemeinde Worringen mit dem Tage der Vereinigung Rechtswirksamkeit. Die Ausdehnung der Kölner Polizei-Verordnungen auf die Gemeinde Worringen hat unter Beobachtung der für Polizei-Verordnungen allgemein vorgeschriebenen Formen zu erfolgen.
  2. Die beim Inkrafttreten der Vereinigung im Dienste der Bürgermeisterei Worringen stehenden sowie der dort vor der Eingemeindung in den Ruhestand getretenen Beamten, Angestellten und Arbeiter werden von der Stadt Köln unter voller Wahrung aller ihrer bisherigen Ansprüche nach Massgabe der Besoldungsbestimmungen und der sonstigen, die Anstellung, Beförderung und Versorgung regelnden Ortsstatute, Bestimmungen und Verfügungen der Stadt Köln übernommen.
  3. Die Stadt Köln hat die Erwirkung der seit langem beantragten Konzession für eine Kleinbahn nach Worringen mit Nachdruck zu betreiben, den Bau möglichst bald, spätestens zwei Jahre nach Erlangung der Konzession in Angriff zu nehmen und mit aller möglichen Beschleunigung durchzuführen, sowie mit allen Mitteln auf eine baldige Inbetriebnahme dieser Bahn hinzuwirken.
  4. Die Stadt Köln verpflichtet sich, den Kleinwohnungsbau in Worringen mit allem Nachdruck dem Bedürfnis entsprechend im gleichen Verhältnis wie auch im übrigen Stadtgebiet zu fördern, soweit möglich in Fortführung der bisherigen Pläne der Gemeinde Worringen, um das dringenste augenblickliche Wohnungsbedürfnis zu befriedigen, ist innerhalb drei Monaten nach der Vereinigung die Bereitstellung von mindestens fünfzehn Einfamilienwohnungen in die Wege zu leiten.
  5. Köln wird unverzüglich nach erfolgter Eingemeindung in der Gemeinde Worringen Pflichtfortbildungsschul- und Haushaltungsunterricht einrichten.
  6. Sobald die allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse es erlauben, die für den Ort Worringen als dringend notwendig erkannte Wasserleitung und Kanalisation in Angriff nehmen.

§3.

II. Anderweitige Vorschriften


  1. Bei der Übernahme der Worringer Beamten, Angestellten und Arbeiter wird die Stadt Köln deren Wünschen nach Weiterbeschäftigung an ihrem bisherigen Dienstort nach Anhörung des Bürgermeisters von Worringen tunlichst entsprechen.
  2. In Worringen ist eine Öffentliche Verwaltungsstelle einzurichten und dafür zu sorgen, dass auch die mit der Krankenkasse und Sparkasse abzuwickelnden Geschäfte in der bisherigen Weise in der Ortschaft Worringen selbst erledigt werden können. Ebenso ist für Merkenich eine Verwaltungsstelle einzurichten. Es wird in Aussicht genommen, in Merkenich einen Polizeibeamten zu stationieren, um der dortigen Einwohnerschaft die Erledigung ihrer Geschäfte mit der städtischen Verwaltung zu erleichtern.
  3. Der jetzige Gemeinderat wird aus der Zahl der Ortseingesessenen eine Kommission wählen, die unter dem Vorsitz des Bürgermeisters resp. des Oberbürgermeisters die Verwaltung der auch bei einer Vereinigung bestehen bleibenden Ortsvermögen auszuüben hat.
  4. Die Stadt Köln wird mit allem Nachdruck dafür eintreten, dass Worringen an das Kölner Fernsprechnetz unmittelbar oder durch eine eigene Vermittlungsstelle angeschlossen wird.
  5. Die Stadt Köln wird ihren Einfluss darin ausüben und mit Nachdruck darauf hinwirken, dass in Weiler eine Verlade- und Haltestelle derReichsbahn errichtet wird.
  6. Für die erste Wertfeststellung zum Zwecke der Veranlagung der Grund- und Gebäudesteuer wird eine Kommission sachverständiger Eingesessenen der Bürgermeisterei Worringen vor der Vereinigung vom Gemeinderat gewählt, die im Zusammenwirken mit der Kölner Steuerverwaltung die Werte ermittelt.
  7. Die Stadt Köln verpflichtet sich, den Weg von Thenhoven zur Köln-Neusser Chaussee (Richtung Langel) im ersten Sommer, nachdem sowohl die Eingemeindung in Kraft getreten ist als auch der profilmässige Ausbau des Weges im Zusammenlegungsverfahren erfolgt sein wird, mit Kies zu befestigen.
  8. Köln wird nach erfolgter Eingemeindung während der Sommermonate bei Worringen im Rhein eine Badegelegenheit schaffen.
  9. Die Stadt Köln wird ihren ganzen Einfluss dahin geltend machen, dass Worringen eine eigene Apotheke erhält.
  10. Die Stadt Köln wird bemüht sein, dahin zu wirken, dass in Worringen alljährlich am dritten Sonntag im September stattfindende Kirmes in der bisherigen Weise bestehen bleibt.
  11. Vom Schlachthauszwang der Metzger wird die Gemeinde Worringen nach erfolgter Vereinigung ausgenommen.
  12. Zwecks Abfindung des auf Lebenszeit eingestellten Herrn Bürgermeisters Seul ist folgendes Abkommen getroffen. Die Stadt Köln ist verpflichtet zur Zahlung:
§4.

Die Landgemeinde Worringen wird sich vor der Vereinigung aller Massnahmen enthalten, welche dem Vereinigungsgedanken wiederstreben würden, sich insbesondere vor Änderung bestehender Ordnungen und sonstiger Satzungen und vor Fassung für die Zukunft bindender Beschlüsse des zuvorigen Einverständnisses der Stadt Köln zu versichern.
Köln, den 4. Februar 1921

Der Oberbürgermeister



Worringen, den 4. Februar 1921

Der Beigeordnete

(Eine Kopie des Vertrages, dessen Original sich im Historischen Archiv der Stadt Köln befindet, wurde uns freundlicherweise von Herrn Hans Auweiler aus Langel zur Verfügung gestellt.)

Anmerkungen: